Betörender Salbeiduft, mühselig aufgesetzte Steinmauern, uralte Eichenwälder, Olivenbäume und geduldige Schafe. Oben, eng zusammengehaltene Dörfer – unten, tiefes Blau zu weißleuchtenden Buchten. Und über den rauen Bergen kreisen in unbegrenzter Freiheit die großen Gänsegeier.
Cres ist von melancholischer Schönheit. Die lange steile, nahezu undurchdringliche Küste mit naturbelassenen Stränden wird von ein paar geschwungenen Buchten unterbrochen, in denen verträumt Fischerdörfer nisten. Und in Cres, der einzigen größeren Stadt der Insel, pulsiert Sommers das Leben im bunten venezianischen Hafen.
Vom istrischen Festland bringt uns die Fähre in nur 20 Minuten nach Cres in eine herbschöne Natur. Über Serpentinen geht es auf den hochaufragenden Inselrücken. Vorbei an alten Eichenwäldern und bunten Bienenstöcken, die frische würzige Luft atmen wir tief ein. Die Salbeiblüte ist in vollem Gange und in zwei Wochen, Mitte Juni, kann der goldgelbe Salbeihonig geerntet werden (Mitbringsel!).
Vom Hochplateau der Tramuntana ist die Fernsicht fantastisch und wie jeder Neuankömmling der vom Fährhafen Porozina kommt, halten wir an der Abzweigung nach Beli am Aussichtspunkt: im Revier der majestätischen Gänsegeier, die hier an den Felklippen nisten. Es fällt schon mal ein Junges aus dem Nest und landet im Meer, und wenn es gerettet wird, in der Auffangstation. Die Begegnung mit den Herren der Lüfte erwartet uns hier bei der Rückreise (unten s. Wanderung 'Aussichtsgipfel bei den Gänsegeiern').
Abstecher ins Bergdorf Beli
Einst waren Cres und Losinj eine Insel, bis die Römer sie in zwei Teile durchtrennten. Das erinnert an ihre Entstehungsgeschichte, der griechischen Saga vom Königssohn Apsyrtos. Dieser folgte seiner Schwester Medea in die Nordadria, wo sie samt geraubtem Goldenen Vlies und Geliebtem auf der Flucht war. Den Bruder ließ sie hinterlistig töten und in Stücke gehackt ins Meer versenken, woraus das Insel-Archipel von Cres-Lošinj entstand unter seinem antiken Namen Apsyrtides.
Zum Wandern, Fischessen, Schwimmen in herrlichen Badebuchten oder zum Sonnenuntergang... Nicht weiter als 20 km von der hübschen Inselhauptstadt Cres befinden sich unsere anderen Lieblingsorte – das malerische Fischerdorf Valun und das mittelalterliche Felsennest Lubenice.
Cres ist uns ans Herz gewachsen. Wir wohnen direkt am Meer und quasi in der Stadt. Gerne spaziere ich durch das stimmungsvolle Labyrinth der Altstadt, die von den Einheimischen bewohnt wird. Ihre Häuser sind von zweckmäßiger Architektur und stehen geschlossen zusammen, verbunden durch die gleichen alten Steine. Ein Auto würde hier nicht durchkommen, aber das Zentrum von Cres ist ohnehin für den Verkehr gesperrt.
Die engen Gassen führen direkt auf den pittoresken Hafen, wo die Fischerboote schaukeln. Die pastellfarbene Häuser der Promenade sind von reizvoller Schlichtheit, wie der ganze Ort, der venezianisch geprägt ist, wie die hübsche Stadtloggia und der Uhrturm bezeugen. Zahlreiche Cafés und Restaurants laden ein, die Zeit zu vergessen. Dazwischen Obst & Gemüsestände, der kleine Fischmarkt, der Honigladen oder der Metzger, bei dem es das einheimische Lamm gibt.
Der besondere Honig von Cres. Er kommt aus einer unberührten Natur. Eine reine Qualität, die es bei uns kaum mehr gibt, da Städte, Industrie und Landwirtschaft die Qualität beeinträchtigen. Man schmeckt den Unterschied, wenn man die Honige der Imkerfamilie Dragoslavić im kleinen Hausladen probiert. Reine Sortenhonige, die dazu noch günstig sind. Sie werden nicht aromatisiert, wie die kommerziellen Honige (etwa mit Lavendel-Aroma, ein und derselbe wird in vielen Läden verkauft). Die Produktionsmengen sind begrenzt. Den Salbeihonig gibt es erst wieder ab Ende Juni, jetzt im Mai ist die Zeit des Lindenhonigs. Er ist so köstlich, dass ich gleich zwei große Gläser mitnehme. Auch lecker: der Haselnuss-Honig Aufstrich. (Laden in Cres auf Google Map).
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Von archaischer Schönheit und sind die alten Olivenhaine von Cres. Gleich nördlich der Stadt, dürfte jeder von ihrem Anblick beeindruckt sein. Soweit das Auge reicht, Stein auf Stein einer jahrhundertealten harten Arbeit. Mühsam aufgestellte Trockenmauern, um das bisschen Erde zu schützen, das die Insel hergibt. Zwischen den Olivenbäumen grasen vereinzelt verwilderte Schafe. Durch den Olivenhain darf gewandert werden. Wir waren mit dem Mountainbike unterwegs. Eine schöne Wanderung führt zur Kirche Sveti Salvadur (ab Cres 45min.)
Die Oliven von Cres werden von Hand geerntet und in der Ölmühle von Cres zu einem wertvollen Öl verarbeitet. Seine typische pfefferige Note ist ein Merkmal für einen hohen gesundheitsfördernden Polyphenol-Gehalt (antioxidative Wirkung).
Die ideale Unterkunft haben wir für uns gefunden mit dem Mobilheim im Camp Kovacine auf einer Halbinsel in Cres. In der 'First Row' am Wasser war Ende Mai noch einiges frei. Über die Promenade sind wir ruck zuck in der Altstadt zum Einkaufen, Essen und abendlichen Flanieren. Aufs blaue Meer blicken wir vom Bett, der Küche und sogar vom WC. In der Nebensaison sind Mobilheime relativ günstig zu haben. Herrlich, morgens direkt vom Bett ins Meer zum Schwimmen. Abends gibt es zum Wein den Sonnenuntergang über dem Meer. Der Campingplatz ist nach unserem Geschmack, ohne große Spaß-Einrichtungen.
Camping Kovacine. An der Seepromenade bis Cres Altstadt 1,5-2 km (Lage Google Map / 5min mit dem Fahrrad ode 20min zu Fuß). Wir hatten ein Mobilheim FAMILY SUPERIOR (32 m2) mit 2-Schlafzimmern, um uns besser ausbreiten zu können. In den Bestlagen wurden die alten durch moderne neue Mobile Homes ersetzt. Sie sind zweckmäßig mit allem notwendigen eingerichtet und alle haben Klimaanlage.
Nette Apartments gibt es in der Altstadt und im Umkreis von Cres, Hotels nur wenige.
Überblick Cres
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Camping Kovacine – noch entspannt ruhig im Mai
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Schnell verfällt man in den Rhythmus des winzigen Fischerdorfes.
Das Auto wurde vorher abgestellt, das Zimmer mit Meerblick bezogen. Unten im MaMaLu wird draußen der große Grill angeschmissen. Ob der Hafenmeister oder andere Bewohner, jeder der vorbeikommt, hat Zeit für ein Schwätzchen. Die Saison ist noch jung, erst zwei Segler liegen im kleinen beschaulichen Hafen. Wir freuen uns auf das Abendessen, direkt am türkis schimmernden Meer sitzen bei frischem Fisch und Meeresfrüchten. Dafür ist das Fischernest Valun bekannt, und bei Seglern beliebt, um einen geselligen Abend zu verbringen. Ein gutes Mal dazu zwei Karaffen gekühlten Malvasia, und die Endschleunigung geht in eine glückliche Gelassenheit über.
Jeden Morgen fahren die Fischer raus für den Nachschub ihrer Spezialität: Die zarten, süßlichen Kvarner Scampi mit den Scheren (bei und der Kaisergrant). Aber auch der Seehecht vom Grill ist hervorragend. Alle vier Restaurants in Valun bieten gute Qualität. In der Hochsaison ist eine Reservierung empfohlen.
Das Restoran Na Moru in Valun wurde 2022 von Gault Millau sogar unter die Top 20 Restaurants der Kvarner Bucht gewählt, fantastisch frisch ist die rohe gemischte Meeresfrüchte-Platte (Foto).
Baden, Wandern & Biken in Valun
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Das urwüchsige Bergdorf sitzt seit 4000 Jahren wie ein Adlerhorst auf einem Felssporn. Schon die Anfahrt ist ein Erlebnis. Zwischen die mannshohen Steinmauern passt gerade ein Auto. Ab und an gibt es kleine Ausweichbuchten, trotzdem fragt man sich, wie der Besucherverkehr sich wohl in der Hauptsaison regelt mit den begrenzten Parkplätzen in der Sackgasse von Lubenice.
Zurzeit ist es in Lubenice allerdings recht verschlafen. Das Parkhäuschen ist unbesetzt und die Bar am großen Platz beim Campanile noch geschlossen. Wohl eines der schönsten Plätze, um bei einem Glas Wein den Sonnenuntergang zu erwarten. Die wenigen Bewohner von Lubenice (zurzeit 40) leben in festungsartigen Gemäuern und teilen sich fünf Kirchen. Vom Felsporn geht der Blick 400 Meter senkrecht in die Tiefe zu einer verlockenden Badebucht, die weiß und helltürkis zu uns herauf leuchtet. Die Badefreude in der Bilderbuch-Bucht von Sveti Ivan muss man sich mit einer Stunde Fußmarsch allerdings erst verdienen.
Unterhalb Lubenice gibt es gleich zwei Traumbuchten mit weißem Kieselstrand. Beide erreicht man zu Fuß in ca. 1 Stunde, gleichlang und schweißtreibender zurück. Gutes Schuhwerk ist erforderlich, da es steil und geröllig wird. Und vor allem, ausreichend Wasser nicht vergessen. Der Einstieg ist direkt am Parkplatz.
Neben der Dorf-Konoba wurde in Lubenice ein Schafzuchtmuseum eingerichtet. Ein Film über die Schafzucht auf Cres zeigt, dass die Zeit quasi stehengeblieben ist. Jedes Jahr, wenn die wild lebenden Schafe zum Scheren zusammengetrieben werden und die Farbmarkierung häufig verschwunden ist, wird gestritten, wem das Schaf gehört. Aus den Bergen aussortierter Wolle entstand das Projekt "Wool Useful Waste". Eine Künstlerin aus Zagreb verarbeitet sie zu Souvenirs und wundervollen Filzmasken. Schaf, Schimpanse oder Löwe sind schon Kunstwerke, in jedem der Unikate stecken 2 Wochen Handarbeit (Masken zum Aufziehen 120€ thead-felt.com).
Im spärlich besiedelten Cres mussten die Inselbewohner seit jeher in Einklang mit der Natur leben. Ohne die Schafe hätten die Menschen nicht überlebt, sie lieferten Fleisch, Milch und Kleidung. Zu den 3.000 Bewohnern von Cres gesellen sich heute noch etwa 30.000 freilebende Schafe. Sie fressen vom Meereswind gesalzene wilde Kräuter und düngen damit gleichzeitig die Olivengärten. Besser geht Bio nicht. Ihr würziges Lammfleisch wollen wir probieren. Dazu fahren wir in den kleine Weiler Loznati bei Cres, wo es das beste Lamm der Insel geben soll.
Die Familien-Konoba Bukaleta serviert hier oben seit 35 Jahren Lammspezialitäten. Das rustikale Lokal zeigt sich innen gemütlich mit Kamin für die kühleren Abende. Auf der Terrasse genießen wir noch die Abendsonne. Was man hier essen sollte, ist das heimische Lamm, ob mit Gnocchi, vom Grill oder geschmort. Es ist wunderbar zart und aromatisch. Im Sommer besser reservieren. Konoba Bukaleta auf Google Map (6km von Cres Stadt).
Geht man von der Konoba ein paar Schritte zum kleinen Friedhof mit der Kapelle und schaut über die Mauer, dann wird man mit einer fantastischen Aussicht über die Kvarner Bucht bis zum Velebit-Gebirge belohnt.
Osor war die bedeutendste und älteste Stadt der Inselgruppe und ist der Geburtsort der kroatischen Kuna, die schon 1018 als Zahlungsmittel eingesetzt wurde. Ihren Namen, übersetzt der Marder, gaben ihr die begehrten Marderfelle, die im Mittelalter ein beliebter Währungsersatz waren. Im 15. Jh. dann bringt die Malariamücke Osor den Niedergang und Cres seinen Aufschwung. Nach einer Epidemie entschließt man sich den Verwaltungssitz nach Cres zu verlegen. Heute ist Osor ein beschaulicher Ort der Geschichte mit gerade mal 100 Einwohnern. Über seinen künstlichen Kanal, der nur einen Steinwurf breit ist, führt eine kleine Drehbrücke auf die aufgeweckte Schwesterinsel Losinj.
Den schönsten Ausblick über die Insel Cres heben wir uns zum Abschluss auf. Bevor es auf die Fähre geht, steigen wir noch einmal auf den höchsten Panorama-Gipfel Monte Sis (640m). Die Chancen stehen gut, die berühmtesten Inselbewohner beim Gleitflug zu sehen, denn die Thermik ist perfekt für die Gänsegeier, von denen 70 Paare an den Felsklippen nisten.
Der schöne Pfad führt uns entlang der alten Trockenmauer durch ein blühendes Salbeifeld mit windgeduckten Steineichen. Links und rechts des Kamms wird das Blau des Meeres immer größer der Inselrücken immer länger. Dann kommt der Moment, wie aus dem Nichts gleitet der erste und der nächste Gänsegeier lautlos über uns hinweg. Ich kann ihn gut an seiner weißen, flaumigen Halskrause erkennen. Majestätisch ist seine bis 2,80 Meter Flügelspannweite, die nur noch vom Kondor übertroffen wird. Gänsegeier sind lange Nesthocker, fantastische Segler aber auch faule Hunde, haben wir gelernt. Fliegen tun sie nur, wenn die Thermik stimmt, 600 Kilometer am Tag beinahe ohne Flügelschlag. Ohne die Tradition der 'wilden Schafzucht' auf Cres gäbe es die Geier nicht. Für die reinen Aasfresser sind die verendeten Schafe überlebenswichtig. Weil aber die Schafzucht immer weniger lohnt, haben sie zu kämpfen.
Die Wanderung ins Revier der Gänsegeier (Schutzgebiet Tramuntana) startet direkt von der Parkbucht an der Abzweigung zum alten Bergdorf Beli. Zum Gipfel auf 640m und zurück 1 1/2 Stunden.
Wir nehmen Abschied von Cres.
Die Wartezeit bis zur nächsten Fähre zurück nach Istrien kann man bei einem richtig guten Espresso im Hafen-Café überbrücken...
Alle Autofähren auf die Insel Cres
(Preise und Fahrzeiten)
Von Edel Seebauer / Fotos Jürgen Mahler
Wenn der Bericht gefallen hat, freue ich mich über einen Eintrag in mein Gästebuch.
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