Andalusien Rundreise Teil 5 – Cádiz
Der Glanz von Cádiz – Was Andalusiens alte Stadt so anziehend macht
Das entspannte, vom Atlantik umspülte Cádiz ist ewig alt und eng verhaftet mit dem Meer. Ein Glanz liegt über der von der Sonne verwöhnten und von Meeresbrisen erfrischten Stadt. Das Licht ist Therapie, das Essen köstlich und am kilometerlangen Copacabana-gleichen Strand machen die Bewohner Dauerurlaub.
Zwei Tage verbringen wir in Cádiz und zeigen, was diese Stadt so anziehend macht.
Auf einer Halbinsel im Westen Andalusiens liegt Cádiz immer ein wenig zu weit weg von der üblichen Andalusien-Reiseroute. Cádiz stört sich nicht an seinem touristischen Schattendasein unter Andalusiens Städten. Es ist die älteste, bewohnte Stadt Europas und ihr historisches Herz ist ein lebendiger Wohnort geblieben. Die gelassenen Gaditanos (Bewohner von Cádiz) zeigen wenig Interesse an Eigenwerbung – für den Besucher ist es ein Segen. Kenner finden hierher. Unter Gourmets aus New York ist Cádiz ein beliebtes europäisches Reiseziel.
Havanna lässt grüßen!
Ein Spaziergang am Kai weckt Erinnerungen an den Malecón in Havanna – der offene Ozean, die von der Salzluft abblätternden Fassaden. Die kubanische Hauptstadt ist tatsächlich die Partnerstadt von Cádiz. Von der Kathedrale steht ein Abbild in Havanna und die Strandbucht von Cádiz mit der vorgelagerten Festung wurde unbemerkt zur Havanna-Kulisse in einem James Bond-Film.
Am James Bond Beach La Caleta.
Ist das Havanna? Von der Bar an der stimmungsvollen Strandbucht La Caleta schauen wir hinaus zur Festung. Halle Berry steigt im sexy Bikini aus dem Meer und 007 kann kein Auge von ihr lassen. Die bekannte Strandszene vor Kuba aus "Stirb an einem anderen Tag" wurde hier gedreht. Die Bewohner lieben ihren hübschen Altstadtstrand mit dem weißen, nostalgischen Badehaus aus dem 19. Jahrhundert. Geschützt liegt die Playa de la Caleta in einer Bucht zwischen den Festungsanlagen Castillos Santa Catalina und San Sebastián – jene Stelle, an der die erste Siedlung auf dem europäischen Kontinent gegründet wurde.
In Cádiz ist man in der ältesten, durchgängig bewohnten Stadt Europas.
Vor 3000 Jahren, als die Phönizier den Thunfischen durch die Straße von Gibraltar folgten, entdeckten sie die gut zu verteidigende Halbinsel und errichteten die Siedlung 'Gadir', das muss 350 Jahre vor der Gründung Roms gewesen sein. Aufgrund der strategisch begehrten Lage, hat Cádiz noch viele Herrscherwechsel und Zerstörungen erlebt – den Phöniziern folgten Karthager, Römer, Westgoten, Mauren und Christen. Hannibal stellte in Cádiz sein Heer zusammen, einschließlich der Elefanten, bevor er 218 v. Chr. über die Alpen marschierte. Viel später brach Kolumbus von Cádiz in die andere Richtung auf zu seinen Abenteuerfahrten nach Amerika. Und als Napoleon ganz Spanien kontrollierte, blieb Cádiz als einzige Stadt in Spanien uneingenommen.
Cádiz besitzt kein weltberühmtes Bauwerk wie Sevilla, Cordoba oder Granada, dafür elegante, pastellfarbene Hausfassaden mit Mirador-Fenstern, Palmen geschmückte Plazas, Promenaden und eine Kathedrale am Meer. Hundert Stadttürme ragen aus den gepflasterten Straßen, die das funkelnde Licht seit Jahrhunderten durchflutet – und das Meer gerät nur selten aus dem Blickfeld.
Cádiz, die Stadt der Abertausenden Balkone. Wie eine unendliche Symphonie ziehen sich die charakteristischen 'miradores' durch die langen Altstadtgassen. Die hübschen, verglasten Balkone halten die Feuchtigkeit vom Meer ab und schützen vor den Winterstürmen.
Über den Dächern von Cádiz – Tavira Turm & Camera Obscura
Für die besten Ausblicke auf Cádiz steigt man auf den Torre Tavira, der die Stadt überragt.
Bis ins 17. Jahrhundert war Cádiz als Welthandelsstadt mit erfolgreichen Kaufleuten überfüllt. Und jedes Bürgerhaus von Bedeutung hatte einen Wach- und Aussichtsturm, um stets Ausschau aufs Meer zu halten, nach den Schiffen mit neuer Ware aus Westindien. 127 Türme sind es heute noch, obgleich man sie von den engen Straßen aus kaum bemerkt. Vom höchsten Turm, dem Torre Tavira, ist die Aussicht auf Cádiz überragend, über die Dächer, Türme und Kuppeln bis zur imposanten Brücke und den weiten Stränden.
Von diesem Logenplatz verfolgte man am 21. Oktober 1805 voller Spannung die Seeschlacht von Trafalgar, wie die Armada Napoleons von der britischen Flotte belagert und dann vernichtet wurde. Das war eine große Fiesta. Der legendäre Admiral Nelson überlebte die Schlacht nicht. Zur Konservierung wurde er 'very british' in ein großes Brandy-Fass getaucht und in die Heimat gebracht, wo ihn ein Staatsbegräbnis erwartete.
Die ungewöhnlichste Attraktion ist die Camera Obscura (lat. Dunkle Kammer) auf dem Turmdach. Nach einem alten Projektionsverfahren spiegelt sie scharfe, lebende Bilder der Stadt ins Innere, wie das Leben auf den Dachterrassen. Torre Tavira & Camera Obscura (Öffnungszeiten & Preis | Google Maps). Im Turm befindet sich ein Museum über Cádiz und seine Türme. Die kleine Dunkelkammer kann nur begrenzt Personen aufnehmen, daher vorher vorbeikommen und das Ticket einer verfügbaren Uhrzeit kaufen. Nach der Vorführung darf man für die Aussicht und Fotos noch auf die Turmterrasse.
Mittagspause im Mercado Central
Die Markhalle von Cádiz. Jeder Markt ist ein Stück Kultur und Identität eines Ortes. Die 'Gaditanos' lieben das Essen, Trinken und die Unterhaltung, ungefähr in dieser Reihenfolge. Der mehrmals umgebaute Mercado Central von 1838 ist der älteste überdachte Markt Spaniens. Im Außenbereich 'Rincón Gastronómico' werden köstliche Tapas, kleine Speisen, Austern und auch Sushi angeboten. Der gegrillte Tunfischbauch im Brötchen 'Tarantelo de Atún' von dos bocados zergeht auf der Zunge, dazu passt ein Estrella Galicia Bier. Nebenan bei AUPA Kadi gibt es eine Menge verlockender Tapa-Kreationen, allesamt köstlich und aus besten Zutaten.
Mercado Central de Abastos (Map). Zentraler Markt: Montag bis Samstag 09.00 bis 15.00 Uhr. Die Essensstände 'Rincón Gastronómico' sind Sonntag und Montag geschlossen, genaue Öffnungszeiten.
Das Herzstück des Mercado ist der Fischmarkt, um den ich die Bewohner besonders beneide. Cádiz hat den frischesten Fisch Spaniens. Betritt man die große Halle, riecht es nach Meer, man schlendert und staunt. Von dem überwältigenden Angebot, der Frische und den Preisen können wir daheim nur träumen. Einkaufen im Paradies. Im Frühjahr kommt die Zeit des Thunfischs, wenn die riesigen Schwärme nah an der Küste vorbeiziehen. Besonders im Mai steht Thunfisch in jeder erdenklichen Zubereitung auf dem Menü der Restaurants.
Unser Hotel-Tipp in Cádiz – das Hotel Argantonio
Das gut geführte Hotel Argantorio liegt in einer ruhigen Straße in der Altstadt von Cádiz. Das Haus aus dem 19. Jahrhundert hat Charme, die Zimmer und Bäder sind geschmackvoll eingerichtet, alle etwas unterschiedlich im Stil, einige haben Balkon. Unser Deluxe Zimmer ist mit 28m² sehr geräumig. Ein großes Plus ist die hoteleigene Parkgarage direkt nebenan (reservieren!). Die hoteleigenen Fahrräder haben wir gerne genutzt für einen Ausflug zu den Sandstränden der Neustadt. Angeboten auf Booking.com
Stadt des Lichts. Cádiz tägliche Telenovella ist der Sonnenuntergang.
Spektakulär sind die Sonnenuntergänge in Cádiz das ganze Jahr wegen seiner exponierten Lage. Jeden Abend zieht die Natur theatralisch ihre sentimentale Show ab. Während die Sonne ihr letztes Licht über das Meer ergießt, taucht sie den Schauplatz in Orange, Karminrot, Wasserblau bis Lila.
Am Tag ergießt sich ein silbernes, diffuses Licht über Cádiz, das gleichzeitig strahlend hell ist und der Stadt den Namen La Tacita de Plata, das Silbertässchen verlieh. 1809 schwärmte der Dichter Lord Byron vom "glänzenden Cádiz", das beeindruckend genug war, um in seiner Gunst vor Sevilla zu landen.
Ein Stück Echtes Cádiz – ein Abend im 'Peña Flamenca La Perla de Cádiz'
'La Perla' wurde sie nur genannt, die berühmteste Flamencosängerin der Stadt. Im nach ihr benannten Flamenco-Club 'La Perla de Cádiz' finden jeden Freitagabend Aufführungen mit wechselnden Flamenco-Künstlern statt. Hierher kommen die Einheimischen, authentischer geht's kaum in Cádiz. Der Eintritt ist günstig, die Vereins-Atmosphäre ist stimmungsvoll, Kenner und Touristen mischen sich. An der Bar versorgt man sich mit Essen und Getränken, am besten gleich mit einem Krug Sangria. Die Darbietungen sind echt, eindrucksvoll, stark und intensiv, keine gestylte Touristenshow. Einfach kommen und sich überraschen lassen. Ein Stück Echtes Cádiz erlebt man hier.
Peña Flamenca La Perla de Cádiz Programm. Auftritte immer freitags ab 22 Uhr. Tische können online oder telefonisch, z.B. über Hotels reserviert werden. Wir sind eine Stunde vorher ohne Reservierung gekommen und es gab noch einige Plätze. Tipp: nach den Plätzen auf der Empore schauen, sie waren größtenteils frei und boten besten Blick. Zum Essen geht man besser woanders hin. Google Map.
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Vorgeschmack auf Cádiz – unsere Favoriten zum Essen & Trinken
Fisch, Krustentiere, Jamon, Tapas und Arroz...
Restaurant El Faro. Eine absolute Empfehlung ist ein Besuch im El Faro im alten Hafenviertel La Viña. Das Traditionslokal serviert seit 50 Jahren exzellentes Essen und hat der Küche von Cadiz zu Größe verholfen.
Wir haben Lust auf mehrere Kleinigkeiten und warten bis die Tapa-Bar im El Faro aufmacht, um 20:30 Uhr, was für den Spanier noch früh ist. Mit ein paar weiteren Gästen aus New York stehen wir an der edlen Marmortheke und kosten uns durch die kalten und warmen Tapas, die im Durchschnitt gerade mal 2,50 bis 3,50 Euro kosten. Geröstete Paprikaschoten mit Melva Filet, Bohneneintopf mit Octopus, Meeresfrüchte-Reis-Cannelloni mit würziger Tomatensauce, frittierte Tintenfischbällchen in Seafood Sauce, ein Duo von Sardinen, geräuchert und in Essig mariniert, dazu serviert man richtig gute Weißweine. Das einzige Manko: an der Bar kann man nicht sitzen, dennoch schauen wir am nächsten Abend wieder vorbei auf wenigstens ein, zwei Tapas. Restaurant El Faro mit Öffnungszeiten auf Google Map.
Taberna Casa Manteca. Nicht weit vom El Faro liegt diese urige Taberna – eine Institution, die man einmal besucht haben sollte. Vergilbte Fotos, Stierkampfplakate und Zeitungsausschnitte zeugen von der nicht sonderlich erfolgreichen Karriere des Stierkämpfer Manteca, der die Taberna 1953 gründete. Wir stürzen uns ins Gedränge und irgendwann ergattern wir auch einen Platz an der Bar, hinter der heute die Söhne stehen. Spanischer Schinken, Wurst und Käse werden laufend über den Tresen gereicht, noch mehr gezapfte Biere und Copas de Vino bis auf den Bürgersteig. Der Jamon Iberico und der geräucherte Kabeljau sind hervorragend, die Atmosphäre ist locker, die Stimmung heiter, ein gelungener Abend. Infos Taberna Manteca auf Google Map.
Restaurant El Balandro. Lohnenswert ist auch die einfallsreiche Küche im schickeren El Balandro. Uns haben seine 'Arroz'-Spezialitäten angelockt – reichhaltige, intensive Reiseintöpfe (12-17€ p. Person). Der Klassiker 'Fish and Seafood Creamy Rice' kommt mit Tintenfisch, Garnelen und Safran, eine Variante mit Lobster. Vom Iberico-Schwein serviert man den Reiseeintopf mit Schweinsfüßen und Kichererbsen oder Schweinebacken mit grünem Spargel. Es gibt einen À-la-Carte-Bereich mit Blick auf die Meeresbucht und eine Bar mit einer interessanten Tapas-Karte. Restaurant El Balandro, Infos auf Google Map.
Im El Balandro. Lecker und reichhaltig ist der Octopus mit Senfmayonnaise als Vorspeise. Und für den Arroz mit Krustentieren sollte man Hunger mitbringen, diese Schüssel ist für zwei.
Taberna La Sorpresa. In einer ruhigen Seitenstraße taucht das kleine 'La Sorpresa' auf. Die Tapas und Raciones sind von bester Qualität. Der verarbeitete Fisch ist exquisit (vom Thunfisch das Carpaccio oder Tartar probieren). Ein schöner Ort für Tapas und Wein. Wenn der Laden voll ist, sollte man Geduld mitbringen. Taberna La Sorpresa. Lage Google Map.
Lebensfreude an der 'Copacabana' von Cádiz
Am Rande der Altstadt beginnen die kilometerlangen Sandstrände von Cádiz mit Copacabana-Feeling. Die breiten, hellen Strände sind das Wohnzimmer der meerverbundenen 'Gaditanos'. Hinter den Stränden erstreckt sich die Neustadt mit gesichtslosen Wohnblöcken, aber wer hat schon Meerblick und einen Sandstrand vor der Haustür? Mit unserem Hotelfahrrad radeln wir die breite Fahrradspur immer am Meer entlang, wagen im Mai ein Sprung ins Meer und steuern die nächste Strandbar an. Mit einem gekühlten Manzanilla und den Füßen im Sand sitzen wir in einer der 'Chiringuitos', die heiß geliebten Strandhütten Andalusiens. Sardinen brutzeln auf dem offenen Grill, die Gischt sprüht und der Atlantik glitzert silbern. Am Ende der geschwungenen Küste sehen wir die Kirchkuppeln der Altstadt, nachhause gehen wollen wir aber noch nicht.
- Die Chiringuitos in Cadiz
- Ein gutes, immer gut besuchtes Fischrestaurant in der Neustadt ist das La Marea.
Einer der schönsten Plätze in Cádiz ist die große Plaza de San Juan de Dios vor dem Rathaus mit Cafés, Palmen und Sonnensegeln. In einer Nebenstraße gibt es bei D'plocia Heladería das beste Eis der Stadt. (Map)
Feine Mitbringsel
Ein feines Mitbringsel sind die Spezialitäten aus der Provinz Cádiz. Hier sind vor allem die Fischkonserven in einer Qualität, die man sonst suchen muss. Die 1-Kilo-Thunfisch-Dose von der Mantequeria El Bulevar passt noch ins Gepäck (Shop Lage). Auf dem Markt finden wir noch verschiedene Bottarga. Der getrocknete, gepresste Fischrogen ist über die Pasta Vongole gerieben ein Gedicht.
Ein Erbe der Entdeckungsfahrten von Kolumbus sind die zwei prächtigen, großblättrigen Feigenbäume, die von zwei Franziskanerschwestern als Setzlinge aus Amerika mitgebracht wurden (beim La Caleta Strand, Map).
Mit der 2015 eröffneten Brücke 'Puente de la Constitución de 1812' begrüßt den Besucher von Cádiz ein architektonisches Bauwerk. Mit 3,2 Kilometern ist sie länger als die Golden Gate Bridge. Für Andalusien-Reisende ist Cádiz eigentlich kein großer Umweg, von Jerez de la Frontera sind es gerade mal eine 1/2 Stunde Autofahrt und von Sevilla 1:20 Std. Parkplätze gibt es mehrere nach der Brücke vor der Altstadt, der größte liegt am Hafen (Map) und ist auch für Wohnmobile geeignet.
Nicht mehr weit ist es nach Sanlucar de Barrameda, wo die Spanier schlemmen gehen und Ferien machen.
Von Edel Seebauer / Fotos Jürgen Mahler
Wenn der Bericht gefallen hat, freue ich mich über einen Eintrag im Gästebuch.
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