Schottland Camper-Rundreise TEIL 4: Nördliche Highlands – North Coast 500

Am Ende der schottischen Highlands – North Coast 500

Ein Fest für die Augen, kurvig und gewunden, mit begeisternden Ausblicken. Die legendäre Route NC 500 existiert nicht, zumindest nicht auf der Landkarte. Sie wurde von findigen Touristikern erfunden. Lange Zeit wurden die North Highlands gemieden. Es hieß, jenseits von Inverness da gäbe es nichts! Die wenigen, die sich auf diesen schottischen Slalom gewagt hatten, flüsterten von karibischen Buchten, tiefen Fjorden, windgepeitschten Küsten, Ruinen, die seit Jahrhunderten Wache halten, von vielen Schafen und Menschenleere – den direkten Folgen der "Highland Clearances", der Räumung des Hochlandes.

 

 

Nach der schönen Insel Skye treffen wir auf der Applecross-Halbinsel auf die NC500. Es geht immer die zerklüftete Westküste hinauf!

Unsere North Highlands Route

1 Woche auf der North Coast 50(Reisezeit Ende Mai): Plockton – Applecross Runde – Shieldaig – Loch Torridon (1 ÜN) – Loch Maree – Gairloch – Ullapool (1 ÜN) – Lochinver – Stoer Lighthouse (1 ÜN) – Durness (2 ÜN) – Duncansby Stacks – Noss Head (1 ÜN) – Portmahomack (1 ÜN). Route auf Google Maps.

  • Unsere Camping- und Stellplätze sind im Reisebericht beschrieben.
  • Für die North Coast 500 sollte man minimum 4 Tage haben, um nicht nur "on the road" zu sein.

 

Seit dem Start der North Coast 500 Kampagne im Jahr 2015 hat die Route viele Campingfreunde in den hohen Norden gelockt. Wir reisen ohne Reservierung, die Campingplätze sind zahlreich und waren Ende Mai gut besucht. Übernachtungsplätze in der freien Natur sind in abgelegenen Gegenden immer zu finden, vor allem wenn man mit einem kleinen Camper unterwegs ist.

Über Nacht am Loch Torridon – ganz allein
Über Nacht am Loch Torridon – ganz allein

Für fangfrische Meeresfrüchte über Plockton zum Applecross Pass

Die Aussicht auf Loch Carron und die Applecross Berge
Die Aussicht auf Loch Carron und die Applecross Berge

Das 500-Seelen-Juwel Plockton ist bekannt für seine fangfrischen Meeresfrüchte und liegt unvergleichlich schön am Ufer des Loch Carron. Schön reihen sich die weiß getünchten Häuser aneinander, davor bezaubernde kleine Gärten direkt am See. Schon bei der Ankunft in diesem entspannten Ort ist klar, dass wir die Aussicht bei lokalen Meeresfrüchten (ihre Langustinen heißen Plockton Prawns) genießen wollen, am schönsten auf der Terrasse des Hotel Plockton, das einen guten Ruf hat und auch drinnen gemütlich ist. Wild steht regelmäßig auf der Speisekarte. (mittags und abends geöffnet, Lage Google Map).

  • Plockton liegt direkt an der Westküste 10 km nach der Skye Bridge.

Für einen leckeren Burger (Beef und Lamb aus eigener Zucht) oder Fish & Chips gibt es das Off The Croft Takeaway kurz von Plockton. Der Highland Beef Burger mit Apfel-Chutney und gebratenen Pilzen wird wärmstens empfohlen. Alles, auch die Chutneys sind hausgemacht und können zusammen mit Marmeladen und frischen Eiern im kleinen Schuppen gekauft werden. Ich griff sofort zu.


Die Kishorn Seafood Bar lockt noch einmal vor der Abzweigung zum Applecross Pass. Mitten im Grünen steht die himmelblaue Holzhütte, nett sitzt man auch im Garten. Lachs, Garnelen, Jakobsmuscheln, Austern... Gute Qualität, aber etwas teuer, 25£ die Portion local Langoustines (als kaltes Gericht). Infos auf Google Maps.

Applecross, von Süd nach Nord– einmal herum!

Mit herrlichen Ausblicken auf der ganzen Strecke.

Die 1822 gebaute Passstraße war eine traditionelle Viehtreiberroute, Bealach na Bà, „Rindvieh Pass“ auf Gälisch. Vor der Auffahrt zum Applecross Pass warnt ein großes Schild davor, die einspurige Straße mit großen Wohnmobilen zu befahren. Es gibt Ausweichstellen, aber in einer steilen Haarnadelkurve drohen sie stecken zu bleiben. Immerhin könnte der Übeltäter dann dem lahmgelegten Verkehr einen Kaffee zubereiten. Man muss darauf vorbereitet sein, auch mal rückwärts in die nächste Parkbucht zu fahren.

Die Einbindung der Applecross Route in die beliebte Rennstrecke North Coast 500 hat den Pass zu einem Ziel für Autoclubs gemacht. Gerade ist der Verkehr gering, aber wenn an Hochsommertagen wird es eng.

Von der Meeresbucht schlängelt sich die Passstraße 626 Höhenmeter hinauf.
Von der Meeresbucht schlängelt sich die Passstraße 626 Höhenmeter hinauf.
Von der Passhöhe blicken wir die Serpentinen hinunter, hinter uns im Westen die Bergkette der Isle of Skye.
Von der Passhöhe blicken wir die Serpentinen hinunter, hinter uns im Westen die Bergkette der Isle of Skye.
Das schottische Hochlandrind lässt kaum eine Kamera an sich vorbeiziehen.
Das schottische Hochlandrind lässt kaum eine Kamera an sich vorbeiziehen.
Herrliche Ausblicke auf der ganzen Strecke
Herrliche Ausblicke auf der ganzen Strecke

 

Gemächlich fällt die "Straße“, wie sie im Dorf Applecross schlicht genannt wird, hinunter zur Küste ab. Wir halten am stimmungsvollen Strand von Applecross Sands, in der Ferne die Bergsilhouette von Skye. Es folgen viele kleine Buchten, zwei schöne Stellplätze, aber wir fahren weiter, schlängeln uns über die schmale Single Track Road, flankiert von dichtem Grün und prächtigen Rhododendren. Man hat das Gefühl, am Ende der Welt zu sein.

Wunderschöner Blick auf Applecross Sands, den Inner Sound und die Bergsilhouette von Skye.
Wunderschöner Blick auf Applecross Sands, den Inner Sound und die Bergsilhouette von Skye.

 

Nächster Blick von der Küstenstraße. Über blaue Fjorde, von Gletscher rundgewalzte Bergrücken, aus denen graue, nackte Riesen ragen.

 

Lieblingsort Shieldaig 

Nach rund 60 km ist Shieldaig, ein altes Heringsfischerdorf, der nördliche Endpunkt der schönen Rundstrecke und ein guter Ort für eine Pause. Eine weiße Häuserzeile vor der kieferbewachsenen Shieldaig Island, auf der Seeadler nisten. Im Tigh an Eilean Hotel* (komfortable Unterkünfte mit Bistro & Bar) genießt man die Sonnenstrahlen auf der Dachterrasse und den Holzbänken am Ufer. Wir parken direkt am begrünten Seeufer, machen uns Sandwiches, dazu ein kühles IPA-Bier, die Abendsonne, das glitzernde Wasser und über der Landzunge die mächtigen Berge von Torridon.

Overnight Parking mit Meerblick – Übernachtungsplätze auf der Applecross Route (vor Shieldaig): 

An einem View Point (Google Maps) noch vor dem Applecross Strand. Etwa 10 Minuten nördlich davon ein weiterer View Point Parkplatz (Google Maps).

Spannend ist die Fahrt von Shieldaig nach Torridon mit Ausblicken auf den Meeresarm und das Bergmassiv. Auf halber Strecke finden wir einen traumhaften  Übernachtungsplatz am Loch Torridon Viewpoint, ganz allein. Am nächsten Morgen werden wir (das einzige Mal!) von den Midges überfallen, die schon an den Autoscheiben warteten. Wir hätten sie abschütteln und sofort aufbrechen sollen. Unten in dem kleinen Nest Torridon gibt es neben vielen Mücken auch ein gutes Café und das vielgelobte Torridon Youth Hostel*.

 

Gairloch Beach & Farm Store

Nach Loch Maree rollen wir in Gairloch ein. Die grüne Bucht mit dem goldenen Strand ist ein Traum. Ein Wanderweg führt durch die Dünen zum Gairloch Golf Club, der jedes Golferherz höher schlagen lässt. Gairloch Beach Walk mit Karte auf Walkhighlands. 

 

Sehenswert! Gairloch Farm & Garden Store! Ein großartiges Geschäft, in dem ich ewig stöbern könnte! Das Warenangebot ist unglaublich. Hier gibt es alles Praktische, was man für das Leben in den Highlands braucht, vom Farbmischer über Autoöl bis hin zu tiefgefrorenen Langustenschwänzen – und was man sonst noch so auf der NC500 brauchen könnte. Heimwerker, Gärtner, Angler und Jäger, Camper, Tierliebhaber und Outdoorler stöbern durch die Gänge. Fleisch, Gemüse, fantastisches Brot und Kuchen gibt es auch, und natürlich Whisky. Ich kaufe ein neues Weinglas, Erdbeeren und das Kopf-Moskitonetz für 6 Pfund, das ich nicht mehr brauchen werde. Das Geschäft liegt an der Ortsdurchfahrt.

Ein schönes Küstenstück ist wieder die Abfahrt nach Guinard Bay. Bei der Corrieshalloch Schlucht geht es ab nach Ullapool durchs Flusstal am River Broom. 

Entspannt in Ullapool – letzter Halt vor dem hohen Norden!

Ullapool, das wie eine Nasenspitze in den Loch Broom hineinragt, strahlt eine angenehme Atmosphäre aus, ein guter Ort zum Entspannen, Stadtleben schnuppern und Einkaufen. Es gibt gute Outdoor- und Feinkostläden, schöne Souvenirs und Antiquitäten, hausgemachtes Brot bei West Coast Delicatessen und die frischesten Meeresfrüchte überhaupt im Seafood Shack. Bestens amüsieren sich Einheimische und Besucher im Ferry Boat Inn Pub am Hafen.

 

Das stinkende „Gold“ von Ullapool.

Hier, im Meeresarm von Ullapool, lagen in den 1970er bis 1980er Jahren Makrelenverarbeitungsschiffe aus Osteuropa, schwimmende Fabriken, die den Fang an der schottischen Westküste aufkauften, um ihn an Bord zu verarbeiten. Man nannte sie "Klondykers", weil sie an die Goldgräber am Klondike in Kanada erinnerten, denn auch auf den Schiffen waren sie unter extremen Bedingungen auf der Suche nach "Reichtum". Während des Makrelenbooms kamen nigerianische und koreanische Schiffe hinzu, zeitweise tummelten sich bis zu 70 Klondyker in der Bucht. Man erinnert sich noch gut an den Gestank und das mit Heringsöl bedeckte Meer. Ullapool versorgte alle Schiffe mit Lebensmittel und allem, was sie sonst noch brauchten. Mit Begeisterung kauften die Besatzungen in den Läden all die "Luxusgüter", die es zu Hause nicht gab, der Renner war der Kassettenrekorder. Nicht selten wurden dafür Kunstgegenstände aus der Heimat verkauft. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion fielen die Preise für Makrelen. Die Fabrikschiffe verschwanden, der Handel verschwand und ein paar Eheschließungen blieben. Im Winter kann man heute gelegentlich Klondyker sehen, was bei vielen im Dorf schöne Erinnerungen weckt.

Schotten sind ein offenes und interessiertes Volk, das haben wir unterwegs immer wieder erfahren.

Das ausgezeichnete Ullapool Museum erzählt die interessante Stadtgeschichte, über den Fischereiboom und die Auswanderung. Interessant ist seine Unterbringung in der ehemaligen presbyterianischen Kirche.

Das handgeschnitzte rumänische Haus kaufte ein Bewohner Ullapools 1979 von einem Schiffsarbeiter für 12 Pfund.


Heute legen im Hafen von Ullapool Fähren ab. Ende des 18. Jahrhunderts, während der Highland Clearances, war er der Auswanderungshafen für Tausende von Schotten nach Nordamerika, Australien und Kanada, wo eine ganze Provinz Nova Scotia der "Hochland Räumung" ihre Entstehung verdankt. Das Ergebnis ist die Leere der Highlands, die wir heute sehen. Das Strathnaver Museum in der ehemaligen Kirche von Bettyhill erzählt die ergreifende Geschichte der Highland Clearances.

 

In der Seafood Shack kommen die Krustentiere lebend an. 

Gegenüber vom Ullapool Museum stehen wir an diesem regnerischen Tag in der 12-Uhr-Schlange vor der 'Seafood Shack'. Die Krustentiere kommen lebend in der Hütte an. Das junge Team hat den frischen Fang zubereitet, gesund und kreativ. Alles ist köstlich, Smoked Haddock Wantons mit Soja, Sesamöl und Chili-Dip, der Tempura Haddock Wrapp mit Lemonpesto, die reichhaltige, feine Räucherfischsuppe. Von der Tageskarte möchte man am liebsten alles probieren: Scallops, die Langustinen, Soy and honey glazed Cod auf Sesam-Seetang-Wildreis mit Soja-Gurken und Misobrühe. Lobster Mac and Cheese!

In Ullapool campen wir am Ufer von Loch Broom im Campingplatz Broomfield Holiday Park (auf Google Maps). Offenes, schattenloses Rasengelände mit ausreichend Platz direkt am Meeresarm, wo die Fähren vorbeifahren. Sanitäranlagen akzeptabel, nur 5 Minuten zu Fuß bis ins Zentrum.

 

Auf zum Stac Pollaidh! Eine der atemberaubendsten Wanderungen der ganzen Highlands.

Stac Polly rückt näher
Stac Polly rückt näher

 

Mit seinen 613 Metern ist er zwar bei weitem nicht der höchste Berg, aber er ist einer der denkwürdigsten und schönsten Wanderungen Schottlands, ein Gipfel, der sich aus einer Landschaft von Lochs und Lochans erhebt. Stac Pollaidh grob übersetzt eine 'Steinspitze in Tümpeln', beschreibt den Szenerie ganz gut.  

 

Die Umrundung des Stac Pollaidh zeigt die Highlands von ihrer schönsten Seite: Panoramablicke über die große Wildnis Schottlands. Wer den kurzen Abstecher über Steinstufen auf den Grad nicht mitmachen will, bleibt auf dem leichten Höhenweg mit fast ebenso fantastischen Aussichten. Oben angekommen bläst mich der Wind fast um. Wir müssen unbedingt noch die letzte kleine Kletterei links hoch, ruft uns ein Bergsteiger mit Hund zu: „Auf dem Gipfelplateau ist es windstill!“ Es ist wahr. In aller Ruhe genießen wir das Gipfelglück. Der eigentliche Gipfel ist der verwitterte Steinturm hinter uns, Treffpunkt der Kletterer.

 

Ein problemloser Gipfel
Ein problemloser Gipfel

 

In der Abendsonne steigen wir ab, unten am Loch Lurgainn locken Inseln und Sandbänke in traumhafter Kulisse. Ein paar Jungs habe ihre Zelte in der Sandbucht aufgeschlagen. Kurz beneiden wir sie und ziehen weiter auf der bildschönen Strecke nach Lochiver.

  • Stac Pollaidh Rundwanderung mit Gipfel (inklusive Karte auf Walkhighlands). 4,5 km, 510 Hm, moderate Tour auf gut präparierten Wegen. Vom Wanderparkplatz geht es direkt los. Nach 3 Stunden und vielen Fotos waren wir zurück. 
Abschied von Loch Lurgainn und Stac Polly
Abschied von Loch Lurgainn und Stac Polly

Die Idee ist, nach Achmelvich Beach zu fahren und am nächsten Morgen zum Old Man of Stoer zu wandern. Die Strände von Achmelvich kann ich nicht beurteilen, aber die Gegend und der Campingplatz wirken traurig und vernachlässigt mit Schrott am Wegesrand. Also weiter zum Stoer Lighthouse, wo wir schließlich, umgeben von einigen Wohnmobilen und einer Schafherde, wunderbar übernachten. Wir schauen auf die Klippen, lauschen der Brandung im warmen Licht des Sonnenuntergangs. Beim Spaziergang zum Leuchtturm springen die verspielten Lämmer herum wie ein junges Fohlen. Belustigt: lesen wir auf  einem Schild "Dieses Gebiet wird regelmäßig patrouilliert. Hunde, die das Vieh belästigen, können erschossen werden!"

 

Stoer Lighthouse Car Park. Nach 20 Uhr stehen etwa 15 Wohnmobile auf dem Parkplatz und es ist noch genügend Platz. Der Kassierer war schon da, wer später kommt wirft das Geld in eine Box. Overnight Parking Gebühren: Van 5 Pfund, Wohnmobil 10 Pfund.

 

Zum Old Man of Stoer, einer einsam aus dem Meer ragenden Felsnadel (nicht zu verwechseln mit Skye), geht es direkt vom Parkplatz aus. Schon bald bietet sich ein herrlicher Blick zurück zum Leuchtturm mit dem besten Foto. Der Weg entlang der Klippen (teilweise weglos und über Moorwiesen) führt an Vogelkolonien vorbei, der Blick reicht bis zu den Hebrideninseln, mit etwas Glück sieht man Delfine und Wale. 

 

Vorbei an Loch Assynt und Ardvreck Castle geht es geradewegs nach Durness, die Küste im hohen Norden. An der bekannten Imbissbude "Surf and Turf" auf dem Rastplatz an der Kylesku-Brücke verdrücken wir noch einen guten Highland Beef Burger mit Pommes. Lobster Brioche, Venison Hot Dog oder Scallops & Black Pudding mit Couscous Salad sind weitere Spezialitäten für den hungrigen NC500-Fahrer. (Info Google Maps).

Naturschauspiel an der Nordküste der Highlands

Von Durness im Westen bis Duncansby Head im Osten – 150 Kilometer Küstenstraße.

 

Ein unberührter Küstenabschnitt mit einem Gefühl der Abgeschiedenheit. Mächtige Fjorde, Klippen und herrliche Strände. Hinter der Küste menschenleeres Weideland, durchzogen von Lochs und Mooren.

 

Camperglück in Durness. Sango Sands Oasis, der verheißungsvolle Name hält, was er verspricht. 

Im beschaulichen Dörfchen Durness verbrachte John Lennon als Kind seine Ferien. Seit 1978 liegt dieser schöne Campingplatz an den Klippen über den spektakulärsten Stränden der Nordhighlands. Auch wenn an den diesen Stränden selten gebadet wird, sind sie umwerfend! Wer will hier nicht stehen?

Das Gute am Sango Sands Oasis Camping ist, dass sie nur 40 Buchungen mit Stromanschluss am Tag annehmen. Alle anderen Stellplätze, mit und ohne Strom, werden nach 12 Uhr mittags nach dem Prinzip "Wer zuerst kommt, mahlt zuerst" vergeben. Wir konnten uns aussuchen, wo wir uns (ohne Strom) hinstellen. Ganz am Ende links im Grünen stehen wir dann direkt 'first row' über dem Strand. Die 'electric hook ups' müssen lange im Voraus reserviert werden, die erste Reihe mindestens ein halbes Jahr vorher, hören wir. Eine große Wiese hinter der Rezeption bietet immer Platz für kleinere Camper. Das Duschhaus ist neu mit Unisex- und Familiendusche. Campingplatz auf Google Maps.

 

Durst und Hunger werden im Sango Sands Oasis Pub gestillt, morgens steht an der Frühstücksbude des Campingplatzes eine Schlange für die 'Egg and Bacon Roll'.

 

EINKAUFEN. Immer wieder zieht es mich in den familiengeführten Mini-Supermarkt in Durness (4 Minuten zu Fuß). Er ist Austauschort der Bewohner und wirklich gut sortiert, verkauft auch fantastische hausgemachte Kuchen und Scones, frisches Brot und Feinkost, schottische Produkte, wie geräucherter Haddock, Black Pudding oder zum Grillen die Sausages von der Speyside und natürlich Whiskys.

  • Im größten Küstenort Thurso fanden wir das gute Craft Beer Ossian Golden Ale günstig bei Lidl. 

Sango Sands Oasis Campingplatz Fotos (Klick zur Großansicht) 

UNTERKÜNFTE. In den abgelegenen Highlands werden hauptsächlich Cottages & Wohnungen mit einem Mindestaufenthalt vermietet. Unter den 'Hotels' an der Nordküste heben sich die folgenden z.B. hervor (buchbar auf Booking*), sie alle bieten ein ausgezeichnetes Frühstück: 

  • B&B in Durness Mackay's Rooms*. Ein außergewöhnlich schönes und gemütliches B&B.
  • Bettyhill Hotel* mit schönen Zimmern, schöner Aussicht, toller Lage und einem sehr guten Restaurant! Neu renovierte Zimmer. Mit viel Liebe zum Detail von einer deutschen Besitzerin geführt.
  • Dunnet B&B Escapes* an der herrlichen Dunnet Bay, 20 km von John o' Groats entfernt.
Mackay's Rooms Durness
Mackay's Rooms Durness
Bettyhill Hotel
Bettyhill Hotel

 

Kaum zu glauben, aber das schöne Wetter will nicht aufhören. Die Smoo Cave lassen wir aus und machen uns dafür auf zu einer Küstenwanderung, wie man sie selten erlebt. Bei Ebbe legt das zurückweichende Meer die goldenen Sandbänke im Meeresarm Kyle of Durness frei. 

 

Rundwanderung über Kyle of Durness – eine der schönsten Buchten der Highlands

 

Fulminant beginnt es in Balnakeil mit Blick auf die Balnakeil Bay. Hier parkt man beim Balnakeil House und der Ruine der Old Durness Church. Wir sind vom Campingplatz aus zu Fuß dorthin gelaufen (ca. 30 min). Um die versteckten Strände zu erreichen, muss man bei Ebbe aufbrechen, dann sind sie frei. Teilweise gibt es keinen richtigen Weg und man muss sich orientieren. Hier hilft die GPS-Route von Walkhighlands (App). Am Ende geht es ein Stück an der Hauptstraße entlang und dann zwischen Schafweiden in gemütlichen 3 Stunden zurück.

Zuerst führt uns der Weg über den Golfplatz von Durness, dann über eine Schafweide zum nächsten Strand. Schon sind wir allein und bleiben es, bis wir wieder auf einen Wirtschaftsweg treffen. Es ist schwer zu verstehen, warum hier kein einziger Mensch zu sehen ist, alle zieht es zu den gleichen NC 500 Spots wie die meiner Meinung nach überbewertete Smoo Cave oder das kommerzielle John O'Groats.

Wenn die Gezeiten es zulassen, ist der Strand der einfachste Weg.
Wenn die Gezeiten es zulassen, ist der Strand der einfachste Weg.
Durch Dünengras über freigelegte Strände und türkisfarbenes Wasser
Durch Dünengras über freigelegte Strände und türkisfarbenes Wasser

Die Walfalle. Was für uns Menschen ein schönes Naturschauspiel ist, kann für Wale zur tödlichen Falle werden. Im Jahr 2011 kam es in der Meerenge von Durness zu einer Massenstrandung einer verirrten Gruppe von etwa 70 Grindwalen. Für mindestens 25 von ihnen kam jede Hilfe zu spät. 

 

Bei Bettyhill wieder eine schöne Bucht, Torrisdale Beach und ein beachtenswertes Museum.

 

Highland Clearances – die Geschichte einer leeren Landschaft.

 

Strathnaver Museum in Bettyhill
Strathnaver Museum in Bettyhill

 

Die Highland Clearances stehen im Mittelpunkt des neu renovierten und schön gestalteten Heimatmuseums von Strathnaver in der ehemaligen Pfarrkirche. Das fruchtbare Tal von Strath, in dem einst Tausende von Menschen in Dutzenden von Siedlungen lebten, ist heute fast unbewohnt. Der Name Strathnaver ist ein Synonym für die Highland Clearances, denn hier fanden einige der schlimmsten Räumungen statt. Wie kam es dazu?

 

Die Zerschlagung der Clanstrukturen und das Verbot der gälischen Kultur (Kilt und Dudelsack waren verboten), durch die englische Krone ebneten den Weg für die Highland Clearances. Als die Wollpreise während der Napoleonischen Kriege in die Höhe schnellten, sahen die Grundbesitzer in der Auswanderung eine Möglichkeit, sich der Landbevölkerung zu entledigen, um vor allem Platz für die Schafzucht zu schaffen. Schafe waren profitabler als Pächter. Wer nicht freiwillig ging und weiter Widerstand leistete, dem wurde das Haus über dem Kopf angezündet oder er wurde eingemauert, bis er aufgab. Kleinbauern wurden an die Küste zwangsumgesiedelt, wo sie der Hunger in die Neue Welt trieb. Für die Auswanderung wurden sogar Prämien gezahlt. Es führte zu einer brutalen, systematischen Entvölkerung der schottischen Highlands und zu menschlichen Tragödien.  

Drei Generationen von Frauen, bereit ihre Heimat ins Ungewisse zu verlassen.
Drei Generationen von Frauen, bereit ihre Heimat ins Ungewisse zu verlassen.

Fotos: Die grüne Farbe für den alten Kilt gewann man aus Gemüse. Zum Kilt trägt man einen Sporran, wie diese Gürteltasche aus Otterfell. Von dieser Kanzel aus wurden den Gemeindemitgliedern die Clearance Räumungsbefehle verlesen. 

 

Werfen wir einen kurzen Blick auf Thurso – die nördlichste Stadt auf dem britischen Festland, ein altmodischer, steingrauer Ort, wo das berühmt-berüchtigte stillgelegte Dounreay-Atomkraftwerk immer noch für Arbeit sorgt. 14 km vor der Stadt steht der älteste Schnelle Brüter der Welt aus dem Jahr 1955. Den besten Blick auf die ganze Anlage hinter dem Sperrgürtel hat man vom Dounreay Nuclear Power Aussichtspunkt

  • Bei JPL Fishmonger & Fine Foods nutzen wir die Gelegenheit zum Fischeinkauf. Bews Butchers ist der örtliche Metzger.
  • Der beste und größte Supermarkt ist Lidl (Map) direkt an der Hauptstraße ins Zentrum.
  • Das Captain's Galley Restaurant im Fährhafen von Scrabster ist nicht nur einladend, sondern auch das beste Fischrestaurant weit und breit! Unterschiedliche Öffnungszeiten siehe Google Maps.
  • Superlecker, der Apfelkuchen von Jamieson Bakery, einem ziemlich schmucklosen Café, in dem sich Alteingesessene treffen. 
Keine Eile in Thurso Jamieson Bakery
Keine Eile in Thurso Jamieson Bakery

Die Stacks of Duncansby am Ende von Schottland

Die 60 Meter hohen Duncansby Stacks gehörten einst zum Festland
Die 60 Meter hohen Duncansby Stacks gehörten einst zum Festland

Im äußersten Osten hat sich das Nest John O'Groats zu einem touristischen Anziehungspunkt entwickelt. Die eigentliche Attraktion, die spektakulären Stacks of Duncansby, werden von erstaunlich wenigen Menschen besucht. Die meisten enden am Duncansby Head beim Leuchtturm. Nur eine halbe Stunde Fußmarsch entfernt liegt das wahre Ende des schottischen Festlands, wo sich die Duncansby Felsnadeln eindrucksvoll vor den steilen Abbrüchen erheben. Vorbei an windgepeitschten Klippen, senkrecht abfallenden Wänden, dem ohrenbetäubenden Geschrei Abertausender nistender Vögel, bis die flammenähnlichen Türme aus rotem Sandstein in Sicht kommen. Weg auf Google Maps.

 

Dirk Stenger Photo
Dirk Stenger Photo

 

Nun geht es die Ostküste hinunter in die Hafenstadt Wick zur Old Pulteney Distillery, eine urige, authentische Destillerie und ins Wick Heritage Museum mit brillanten historischen Fotografien!

The Wick Heritage Museum

Bereit, den Hering zu laden: Der Schoner Elbe im Hafen von Wick (Foto 1883 Johnston Collection)
Bereit, den Hering zu laden: Der Schoner Elbe im Hafen von Wick (Foto 1883 Johnston Collection)

 

Wer vor dem unscheinbaren Gebäude steht, ahnt nicht, welche Schätze es birgt. Das Wick Heritage Museum ist alles andere als ein gewöhnliches Kleinstadtmuseum. Im Inneren taucht man in ein tiefes Labyrinth ein. Mehr als 20 Räume voller Erinnerungstücke und lebendiger Geschichte. Die berühmte Johnston-Fotosammlung ist das große Highlight. Die Zeit des Heringsbooms ist besonders spannend. Wir lauschen den Erzählungen der Heringsköniginnen über ihren Alltag. Wick war Ende des 18. Jahrhunderts die Heringshauptstadt Europas. Drei Generationen der Johnstons hielten mit ausdrucksstarken Porträts und Szenen diese Zeit fest. Die 'Silver Darlings', wie der Hering liebevoll genannt wurde, zogen jedes Jahr im August und September Tausende von Booten und Wanderarbeitern an, die von den Johnstons fotografiert wurden. 

s/w Fotos: The Wick Society Johnston Collection

"Herringsköniginnen von Wick" 

Die entladenen Heringe konnten die Frauen mit einem einzigen scharfen Messerschnitt ausnehmen, im Durchschnitt 40 Fische pro Minute, einige sogar wesentlich schneller. Die Mädchen wickelten sich Streifen von Mehlsäcken um die Finger, um sich vor Schnittwunden zu schützen, aber die waren unvermeidbar und die langen Tage, an denen die Hände im Salz steckten, waren sehr schmerzhaft. 

Caithness Glass aus Wick Briefbeschwerer


In Wick wurde 1961 die Glaskunstmanufaktur Caithness Glass gegründet. Das Wick Heritage Museum besitzt eine schöne Sammlung. Berühmt ist die Firma für ihre fantasievollen Briefbeschwerer, die heute begehrte Sammlerstücke sind. Caithness Glass produziert noch heute in der Nähe von Perth, wo man die Produktion beobachten und einkaufen kann.

  • TIPP: Im Shop (Map) gibt es die "imperfect" Briefbeschwerer günstiger zu kaufen. Ein schönes Souvenir aus Schottland. Inzwischen verkauft man die Glaskunst auch über Amazon*.

Old Pulteney Distillery – über 25 Jahre in einer "trockenen Stadt".

 

Die Old Pulteney Whisky Brennerei in Wick entstand 1826 während des Herring-Booms und erlebte eine lange "Durststrecke", als die Stadt 1922 für 25 Jahre zur alkoholfreien Zone erklärt wurde. Die Kirche und die Frauen, die gerade das Wahlrecht erhalten hatten, setzten sich gegen die Männer durch, die ihren gesamten Lohn für Whisky ausgaben. 

 

Der Prozess des Whiskybrennens ist zu kompliziert, um ihn in Worte zu fassen. Unserem Führer gelang dies hervorragend. Mit einer guten Portion schottischen Humors führte er uns durch die gesamte Anlage. Unvergesslich der Moment, als wir durch die Tür ins Fasslager traten. Ein betörender Duft. Der 'Angels Share', die winzige Verdunstung aus jedem Fass, erfüllt die Luft, süße Hölzer, Malznoten, Vanille, Karamell? Ein schöner Gedanke, den Verlust, den die Whiskybrenner während der Reifezeit hinnehmen müssen, als den Engelsanteil zu bezeichnen. Ein Köllner aus unserer Gruppe würde am liebsten hier übernachten, sagt er. "Die Tür ist zwar nur verriegelt, aber niemand könnte eines der Fässer bewegen", wird uns versichert.

 

Am Ende der Führung gibt es zwei Whiskyproben und ein Whiskyglas als Souvenir. Mit einer Pipette werden ein paar Tropfen Quellwasser ins Glas gegeben, das unterstreicht den Charakter des Whiskys: vollmundig, samtig weich, leicht würzig, nicht torfig und einem langen, süßen Abgang. Einer der bezahlbaren guten Single Malts. Bin ein Fan geworden! 

 

Old Pulteney Distillery. The Spirit of Wick Führung online oder telefonisch +44 (0)1955 602371 reservieren. 

Noss Head Car Park (auf Google Maps). Der gebührenpflichtige Parkplatz 7 km nördlich von Wick ist gut für eine Campingübernachtung (£10). Sinclair Castle und Noss Head Lighthouse sind nur einen Spaziergang entfernt. Leider keine Toiletten. Der Platz ist über eine Single Track Road zu erreichen und hat ausreichend Stellplätze. 

Spaziergang zum Sinclair Castle
Spaziergang zum Sinclair Castle

Dunrobin Castle & Gardens – Lustwandeln im Märchenschloss der Sutherlands

Der Clan Sutherland ist mehr als 800 Jahre alt. Er war einer der mächtigsten Clans in Schottland. Dunrobin Castle, eine Mischung aus französischer Renaissance und schottischem Baronialstil, ist sein Stammsitz.

Hineinspaziert...

 

Selten kann man in einem bewohnten und so prächtigen Schloss so viele Räume besichtigen. Von April bis Oktober öffnet Dunrobin Castle mehr als 20 seiner extravaganten Zimmer für Besucher. Das Schloss in seiner heutigen Form im französischen Stil des 19. Jahrhunderts thront majestätisch auf einem Hügel über dem Meer.

Der Garten wurde nach dem Vorbild von Versailles angelegt. Nicht verpassen sollte man die beeindruckende Falknervorführung, wenn die Greifvögel im Jagdflug nur wenige Zentimeter über unseren Köpfen kreisen. Der Falkner demonstriert verschiedene Jagdmethoden und eine Reihe von Kunstflügen der Greifvögel.

 

Dunrobin Castle & Gardens. Geöffnet vom 1. April bis 31. Oktober. Für £14 Eintritt bekommt man eine Menge geboten. Er umfasst das Schloss, das Sommerhaus-Museum, die Gärten und die Falknershow, die zweimal täglich um 11.30 und 14.30 Uhr auf dem Schlossrasen stattfindet. Gleich um 10 Uhr vor den Tourbussen kommen! Info Google Maps.

 

 

Die Jagd war das liebste Hobby des britischen Adels. Bizarr ist die Sammlung von Jagdtrophäen, die im vollgestopften Sommerhaus-Museum ausgestellt sind. Sie wurden von den Vorfahren der Sutherlands bei Großwildjagden vor allem in Afrika erlegt. Nichts für kleine Kinder. Es ist teilweise grausam, wie man früher Tiere gesehen hat.

 

Dornoch ist die schönste Stadt an der Ostküste und hat viel Charme. Hier heiratete Madonna im Jahr 2000 und hier wurde 1727 Janet Horne, die letzte Hexe Schottlands, geteert in einem Holzfass verbrannt. Der berühmte Royal Dornoch Golf Club wird seit 1877 bespielt. Und nur in Großbritannien kann man über einen der Top-10-Golfplätze der Welt zum Strand laufen. Nach dem Schlossbesuch meldet sich ein kleiner Hunger. Wir parken am Dornoch Beach. Dort serviert der Gourmet-Imbiss Highland Larder leckeres Fastfood wie Lobster Roll, Haddock Wrap, Scallop Salad, Wild Venison Baguette... 

 

Nach der Glenmorangie Distillery (wir sind schon mit Old Pulteney eingedeckt) ins nächste Städtchen Tain mit den schönen Sandsteinhäusern und der guten William Grant Bakery (nur bis mittags auf, siehe Google Maps).

 

Bilder aus Dornoch

Sandsteinhäuser in Tain

 

Die North Coast 500 beenden wir nicht in Inverness, sondern in Portmahomack, weil uns Freunde vom besten Essen ihrer Schottlandreise erzählt haben – im The Oystercatcher. Und das sind zwei Feinschmecker, also fahren wir hin. 30 Minuten hinter Durness stehen wir in dem abgelegenen Fischernest vor einem verschlossenen Restaurant. Es scheint neue Besitzer zu geben. Donnerstag, Freitag und Samstag abends ist es geöffnet, nur mit Reservierung. Der Parkplatz direkt vor dem Strand sieht nach einem perfekten Übernachtungsplatz aus. Bezahlt wird in die Spendenbox und die öffentlichen Toiletten sind auch gleich um die Ecke. Das Besondere an Portmahomack ist, dass es zwar an der Ostküste liegt, aber auf der Halbinsel nach Westen blickt und uns einen spitzen Sonnenuntergang darbietet. 

Lage Portmahomack Beach Parking.

 

Text: Edel Seebauer | Fotograf: Jürgen Mahler 

 

Depositphotos (8) Dirk Stenger Photo (2)

Wenn der Bericht gefallen hat, freue ich mich über einen Eintrag ins Gästebuch.

 

ALLE SCHOTTLAND REISEBERICHTE