Andalusien in 7 Reiseberichten

Nur eine gute halbe Stunde nördlich der andalusischen Stadt Almería ist man auf einem anderen Planeten gelandet: staubige Ebenen, die einst von den Hufen von Clint Eastwoods Pferd erschüttert wurden, bis zu den sonnengebackenen Hügeln, die als Kulisse für die Abenteuer von Indiana Jones dienten. Die Wüste von Tabernas, die als einzige echte Wüste Europas gilt, ist ein besonderer Ort von rauer Schönheit und als Drehort zahlreicher Westernfilme bekannt. Wildwest Showtime ist angesagt!

Der Naturpark Desierto de Tabernas, ein Wüstenland, auf das die Sonne 3000 Stunden im Jahr niederbrennt, lockt nicht nur Westernfans, sondern auch Naturliebhaber und Fotografen in eine der faszinierendsten und unbekanntesten Landschaften Europas. 

Der wichtigste Ort ist Tabernas, der seit dem 11. Jahrhundert besiedelt ist. Die Osterprozessionen in der Karwoche sind der Höhepunkt im Festkalender der ansonsten ruhigen Stadt.

Ein 'Highlight' ganz anderer Art ist der Blick vom Castillo de Tabernas. Den Aufstieg zur maurischen Burgruine sollte man nicht scheuen, es lohnt sich! Vom Hügel, auf dem sie thront, hat man den ultimativen Ausblick auf die weite Ebene und die kargen Wüstenberge, die sich über der Stadt Tabernas erheben. 

Die Wüste zu Fuß zu erkunden, bietet eine ganz neue Perspektive auf das Land, das so viele berühmte Filmszenen beherbergt hat. Ein beeindruckendes Relief aus Rinnen, Schluchten, Canyons und trockenen Flussbetten. Wie Adern ziehen sie sich durch das Land, bis hin zu bizarren Felsformationen, das Ergebnis von Jahrmillionen währender Erosion.

Die einzige Wüste Europas ist zwar deutlich kleiner als die Sahara, aber nicht weniger herausfordernd: Im Sommer klettern die Temperaturen regelmäßig auf bis zu 50 Grad. Was heute Wüste ist, war vor zwölf Millionen Jahren noch 400 Meter tiefes Meer. Hier, wo die Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht dramatisch sein können, ist eine bizarre Landschaft aus Stein und Lehm entstanden, die uns an die Badlands in den USA erinnert (siehe unseren Bericht Badlands National Park), vielleicht aber auch an Zabriskie Point im Death Valley (siehe unseren Bericht Death Valley).

Heute können Besucher auf geführten Wanderungen und Jeeptouren den Spuren berühmter Filme folgen, die Originaldrehorte erkunden und mit alten Filmfotos vergleichen. Oder auch durch die Tabernas-Wüste reiten.

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Eine besonders schöne und einfache Wanderung durch den Desierto de Tabernas beginnt in der Nähe des Oasys Mini Hollywood Parks, einem zentralen Punkt für den Zugang zur Wüste. Von hier aus betritt man ein Labyrinth aus Ramblas, trockenen Flussbetten, die sich durch die Landschaft schlängeln und tief in die Wüste hineinführen. Auf und ab geht es über das Faltengebirge, das sich wie steinerne Wellen erhebt. Von den Aussichtspunkten blickt man auf ein endloses Netz von "Badlands", ein ebenso rauer wie faszinierender Anblick.

• Kostenlos parken neben der Oasys Westernstadt s. Google Maps.

• PDF-Wanderbroschüre Desierto de Tabernas, Wanderung zwischen 3 und 5 Stunden, 150 Hm.

• Schwieriger ist der Aufstieg zum Aussichtsberg Alfaro: 11 km, 620 Hm, ca. 5 Std. Route auf wikiloc.

• Wanderer, die das Wüstengebiet erkunden möchten, sollten ausreichend Wasser und Sonnenschutz mitnehmen und abseits der markierten Wege eine Karte oder ein GPS-Gerät dabeihaben.

Über 500 Filme wurden in Tabernas gedreht. Einige der größten Namen Hollywoods haben ihren Fuß in den Wüstensand von Tabernas gesetzt. Henry Fonda, Clint Eastwood, Steven Spielberg, Sean Connery, Arnold Schwarzenegger, Harrison Ford... die Liste ist lang.

Die Blütezeit der Westernfilme in Tabernas war in den 1960er Jahren, als diese Wüstenlandschaft die Aufmerksamkeit des italienischen Regisseurs Sergio Leone auf sich zog, zu einer Zeit, als das Western-Genre in Amerika fast verschwunden war. Für den produktionsfreudigen Leone kam die Wüste von Almería billiger als die von Arizona. Die nackte, sandige Erde, die ärmlichen, vergessenen Dörfer und ihre Bewohner passten so, wie sie waren, sonnenverbrannt und geschickt im Umgang mit Pferden. Damit begann eine Ära, in der Tabernas zum Schauplatz einiger der berühmtesten 'Italo-Western' wurde, darunter Klassiker wie «Spiel mir das Lied vom Tod», «Zwei glorreiche Halunken» oder «Für eine Handvoll Dollar», mit unvergesslichen Melodien des berühmten Filmkomponisten Ennio Morricone. Im Jahr 2000 drehte Bully Herbig hier seine Westernkomödie «Der Schuh des Manitu».

Neben diesen ikonischen Western wurden auch andere bedeutende Filme wie  «Indiana Jones und der letzte Kreuzzug», «Cleopatra», «Conan der Barbar», «Mad Max» und «Lawrence von Arabien» teilweise in der Region gedreht. Auch Regisseur Stanley Kubrick fand hier die perfekte Mondlandschaft für seinen Kultfilm «2001 Odyssee im Weltraum». 

Am Rande des Fort Bravo erhebt sich noch immer der ikonische Steinbogen mit dem Galgen aus "Spiel mir das Lied vom Tod". Unwillkürlich denkt man an die unvergessliche, Gänsehaut erzeugende Melodie von Morricone, die eisblauen Augen von Henry Fonda, wie er die Mundharmonika an seine Lippen führt, eine der größten Melodien der Filmgeschichte.

Nicht weniger als 14 Westernstädte gab es damals in der Region, drei davon existieren heute noch. Fort Bravo (ehemals Texas Hollywood) ist die Einzige, die noch für Filmproduktionen genutzt wird, während Oasys Mini Hollywood und Western Leone nur noch touristische Themenparks sind.

Wir entscheiden uns für die Westernstadt Fort Bravo, die auch heute noch Filmkulisse ist, aber nicht so groß wie Oasys. Wir mögen es lieber authentisch, staubig, unaufgeräumt, mit viel Patina, wo alle Originalkulissen erhalten sind. Eine kleine Reise zurück in die glorreiche Zeit der großen Westernfilme.

Vor der Showtime Ruhe im Saloon…

Man betritt den Saloon und hat das Gefühl, direkt in einen Italo-Western hineingestolpert zu sein.  Ein Revolverheld schwingt sich durch die Saloon-Tür, ein anderer steht an der Bar. Er trägt einen braunen Stetson, derbe Stiefel und einen staubigen Ledermantel. Die Show beginnt. Can-Can-Tänzerinnen, ein Pokerspiel, eine Schießerei, Gags werden eingeworfen. Draußen auf der Straße kommt es dann zum Showdown. Staub wirbelt vor uns auf, Outlaws reiten halsbrecherisch vorbei und schießen andere 'Stuntmen' von den Dächern. Es macht Spaß, mittendrin zu sein. Sind nicht "Die glorreichen Sieben" genau hier durchgeritten?

Fort Bravo Shows: Im Saloon um 12.00 und 17.30 Uhr. Straßenshow um 14:30 Uhr. Zwischen den beiden Shows bleibt genügend Zeit, die Westernstadt zu erkunden oder für eine kostenlose Kutschenfahrt. Im Saloon gibt es Getränke und Snacks, im Sommer ist auch ein Restaurant geöffnet.

• Fort Bravo (Webseite) liegt 5 Autominuten von Tabernas entfernt, auf Google Maps mit Bewertungen.

Nachts alleine im Westerndorf: Auf dem Gelände von Fort Bravo gibt es einfache Hütten und Stellplätze für Wohnmobile. Wer hier übernachtet, kann abends, wenn alle Besucher weg sind, ungestört durch die Westernstadt und das mexikanische Dorf streifen und stimmungsvolle Fotos machen.

Infos mit weiteren Westernkulissen

• Oasys Mini Hollywood ist ein Freizeit- und Erlebnispark mit Shows, Schwimmbad, Buffet, Burger-Laden, großem Tierpark. Der Eintrittspreis ist entsprechend höher. 

• Die Filmkulisse Western Leone ist die kleinste der verbliebenen und war dem Verfall preisgegeben. Inzwischen wird Eintritt verlangt. Google Maps mit Bewertungen.

• Camping-Tipp: Little Texas Camp Site ist ein gepflegter Wohnmobil-Park mit Swimmingpool in schöner Lage mitten im Nirgendwo. Der Platz ist sehr beliebt und schnell voll, Info auf Google Maps.

Semana Santa de Tabernas. In der Karwoche wird die Stadt zum Schauplatz der Passion Christi. 

Nach dem Abendessen im Hostal mischen wir uns unter die Menschen vor dem Kirchplatz. Die mystische Stimmung der Semana Santa verdichtet sich, als die erste Prozession mit dem 'Paso' der Jesusfigur die schöne Kirche Nuestra Señora de la Encarnación verlässt. Die Kapuzen der Bruderschaftsmitglieder werfen lange Schatten und die Flammen der Kerzen ein flackerndes Licht auf die Gesichter der Büßer, einige sind barfuß.

Die prachtvoll geschmückten Heiligenfiguren werden auf schweren Holzgestellen in langsamen, wiegenden Schritten durch den Ort getragen, begleitet vom Duft des Weihrauchs und den getragenen Melodien der Musikkapelle, manchmal auch von schmerzlichen Gesängen. An einer Wegkreuzung kommt der Zug zum Stehen und die Träger der Pasos zum Atemholen. Die Jungfrau Maria wird abgeholt. In einer hohen Garage, die eher profan und funktional als sakral anmutet, wartet die Marienstatue darauf, einmal im Jahr aus ihrer Behausung getragen zu werden. Gemeinsam machen sie sich im Rhythmus der Trommeln auf den Weg durch die Stadt.

• Informationen und Programm auf der Webseite von Tabernas.

Bevor die Abend-Prozession an der Kirche beginnt, stärken wir uns im Restaurant des Hostal El Puente, Treffpunkt der Einheimischen, die hier die Live-Übertragung der Prozessionen aus den großen Städten Málaga, Cordoba und Valencia verfolgen. Die Gerichte, herzhaft und traditionell: Albondigas, pikant gewürzte Hackfleischbällchen in Tomatensauce und der Spezialität Almerías, dem Trigo, einer Kichererbsen-Weizen-Suppe mit Schweinefleisch und Bohnen.

Das Hostal El Puente ist ein Familienbetrieb mit Gästezimmern. In Tabernas gibt es nur eine Handvoll Unterkünfte, dazu einige in der Umgebung. Während der Semana Santa in der Osterwoche ist alles ausgebucht und man sollte seine Unterkunft rechtzeitig reservieren – Empfehlungen unten.

Eine echte Entdeckung ist 'Los Albardinales' – Restaurant, Ölmühle und Museum

Etwas außerhalb von Tabernas liegt die sehenswerte Ölmühle Oro del Desierto der Familie Alonso. Sein Restaurant Los Albardinales ist eine echte Entdeckung, sehr gemütlich, sehr komfortabel und vor allem mit einer exquisiten Küche: Geröstete Paprika mit iberischem Speck, Gemüsesalat Pipirrana, gebratene Ziegenkeule mit Knoblauch, gegrillte Wildschweinrippchen, Eis mit Früchten und bestem Olivenöl. Sie bieten auch ein Degustationsmenü mit 5 kleinen Gängen an, alles aus regionalen Produkten von ausgesuchter Qualität. Das hochwertige Öl aus verschiedenen Olivensorten der eigenen Ernte kann direkt gekauft werden.

• Webseiten Restaurante Museo Los Albardinales und Ölmühle Oro del Desierto.

Der Familienbetrieb mit Bio-Tradition widmet sich seit 1999 mit viel Herzblut dem biologischen Olivenanbau. Ihr "Gold der Wüste" ist weit über die Grenzen hinaus bekannt und gehört regelmäßig zu den prämierten Spitzenölen weltweit. Die Olivenbäume sind wahre Überlebenskünstler. Ihre Wurzeln graben sich tief in den kargen Boden, auf der Suche nach dem Lebensnotwendigen. Die von der unerbittlichen Sonne und von der Kälte abgehärteten Oliven geben ein Öl von hoher Qualität und intensivem Geschmack, das von Kennern geschätzt wird. Besonders angetan hat es uns das Öl mit dem unverwechselbar pfeffrigen Abgang – ein Zeichen für den hohen Gehalt an Polyphenolen, diesen starken Antioxidantien, die es besonders gesund machen.

• Oro del Desierto ist eines der besten Öle, die ich in Spanien gekostet habe, was sich auch in den zahlreichen Auszeichnungen widerspiegelt. Für die Qualität ist es erschwinglich und auch der Balsamico-Essig der Familie ist sehr zu empfehlen. Weine gibt es auch, der Weißwein ist sehr gut.
• Unser Favorit ist das grüne sortenreine, pfeffrige Picual-Olivenöl, das lichtgeschützt gelagert werden sollte. Tipp: Nehmt den 1-Liter-Kanister (19,50 €), der etwas günstiger und leichter ist als die Flasche.

Neben der Ölmühle vermietet die Familie in restaurierten Steinhäusern schöne Ferienwohnungen mit Pool und Garten. Ansehen auf Booking.com* (*Werbelink). 

Empfehlungen Hotel & Apartment in Tabernas:

• In der Casa Rural Jardín del Desierto haben wir uns sehr wohl gefühlt. Ein perfektes kleines Hotel, liebevoll eingerichtet und sehr sauber. Mit Garten und kleinem Pool, in einer ruhigen Straße im Ort von Tabernas gelegen. Inklusive Gäste-Parkplätze.
• Die Casa La Zurita ist ein modernes Apartment mit 2 Schlafzimmern, für 6-8 Personen, große Veranda mit Grill.
• Das sympathische Hostal Avenida liegt im Herzen von Tabernas gegenüber der Kirche.

• Cortijo Oro Verde B&B. (9 km von Tabernas). Der freundliche Besitzer dieser Casa Rural mit Pool und großem Garten vermietet geräumige, gut ausgestattete Zimmer, jedes mit eigener Terrasse.
• Die Top bewertete 4 Empfehlungen auf Booking.com* anschauen. 

Fotos unten: Die Casa Rurals Jardín del Desierto und Cortijo Oro Verde B&B (*Werbelink)

Die beste Reisezeit für Tabernas ist der Frühling oder Herbst. Die Temperaturen sind angenehm und das Klima mild. Die Sonne scheint in dieser Region mehr als 3.000 Stunden im Jahr. In den Sommermonaten können die Temperaturen leicht auf 35 bis 40 Grad steigen, mit starken Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht. Die Tabernas-Wüste beginnt etwa 30 Kilometer nördlich von Almería.

Andalusien-Reisende können hier auf den Spuren von Indiana Jones eine eindrucksvolle Wildnis bewundern, bevor es weiter nach Granada oder in die Alpujarra am Fuße der Sierra Nevada geht – unsere nächsten Berichte.

Von Edel Seebauer | Fotograf Jürgen Mahler

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