Unterirdische Wunder Sloweniens: Postojna und Škocjan

Beide Höhlen haben wir besucht und zwei völlig unterschiedliche Welten erlebt. Postojna ist eine gigantische Tropfstein-Schauhöhle – die meistbesuchte und größte Europas – und ein perfekt inszeniertes touristisches Erlebnis. Nur wenige Kilometer weiter liegen die Höhlen von  Škocjan – naturbelassen, streng geschützt (UNESCO-Weltnaturerbe) und durchzogen von einem überwältigenden unterirdischen Canyon: wild, ursprünglich und in seiner Gesamtheit einfach einzigartig.

Canyon der Škocjan-Höhlen
Durch den Canyon der Škocjan-Höhlen, gegenüber die historische Steige

1. Postojna-Höhlen: Erlebnis zwischen Staunen und Osterandrang

Osterferien in Slowenien – mit der Idee, die berühmten Höhlen von Postojna zu besuchen, sind wir nicht allein. Schon auf dem Parkplatz wird klar: Das riesige Areal, so groß wie ein Messegelände, ist bestens darauf vorbereitet, Besucherströme aus ganz Europa aufzunehmen.

Die Tickets sind nach Stunden-Slots getaktet und das Personal ist bei der Abfertigung routiniert. Das herrschaftliche Empfangsgebäude stammt noch aus der Blütezeit des k. u. k.-Höhlentourismus. Damals stiegen hier wohlhabende Gäste ab, um das unterirdische Wunder zu bestaunen. Schon im 16. Jahrhundert erreichte die Höhle einen ersten Besucherhöhepunkt. In späteren Jahren fanden in der sogenannten „Kongresshalle“ der Höhle regelmäßig Tanzveranstaltungen statt und in der Grotte betrieb man ein gut frequentiertes Postamt. Jeder wollte eine Postkarte mit dem besonderen Höhlen-Stempel verschicken.

Postojna Höhleneingang das ehemalige Hotel
Am Postojna Höhleneingang das ehemalige Hotel

Dann kommt das Züglein – ein bunter Wurm, der in wenigen Minuten 400 bis 500 Menschen in den Bauch der Höhle zieht. Die Gruppen sind nach Sprachen aufgeteilt. Wir Deutschsprachigen haben Glück und sind nur 15 Personen, während die Italiener und Slowenen in größeren Schwärmen folgen.

Zug Höhlen von Postojna Slowenien
Mit dem Höhlenzug geht es rein und wieder raus

Die Tour: Von der Ur-Henne zum Grottenolm

Als alle aussteigen, herrscht Jahrmarktstimmung unter der Erde – bis sich die Gruppen verlaufen. Bis zu 1.000 Menschen sind gleichzeitig in der Höhle unterwegs, erzählt uns der Guide, verteilt über mehrere Säle und zwei Etagen. Die Dimensionen sind tatsächlich überwältigend: Riesige Hallen, Tropfsteine wie Orgelpfeifen, ein Labyrinth aus Gängen und Plattformen. Die Gruppe folgt dem Guide auf  präparierten, rutschfesten Wegen und Treppen hinauf auf einen Aussichtshügel. Von dort aus sehen wir, wie sich die anderen Besucher durch die Halle darunter winden. Dann geht es hinab durch die „Spaghetti-Höhle“, wo filigrane Stalaktiten wie lange Nudeln von der Decke hängen. Die Formation „Ur-Henne“ erinnert mit etwas Fantasie an ein urzeitliches Federvieh.

Höhlen von Postojna Etagen
Höhlenwege auf zwei Ebenen

Der eigentliche Star ist der Grottenolm – ein blasses, augenloses Wesen, das in den unterirdischen Gewässern lebt. Einen lebendigen Grottenolm zu Gesicht zu bekommen, ist selten. Sein Plüsch-Zwilling hingegen begleitet die Besucher auf Schritt und Tritt durch sämtliche Souvenirläden. Bei der Geburt hat der Olm noch Augen, die später mit Haut überwachsen, da er sie hier schließlich nicht braucht. An einer kleinen Schauvitrine, beginnt die Suche: Mit Begeisterung werden zwei bleiche Höhlenbewohner entdeckt. Am Ende der Tour beim großen Konzertsaal gibt es heute zwar kein Postamt mehr, aber dafür Postkarten mit dem begehrten Höhlen-Stempel. Das Züglein wartet, und die Höhle spuckt uns wieder aus, wo Kuscheltier-Drachenbabys  zu Dutzenden zu den Parkplätzen getragen werden.

 Schauvitrine Grottenolme Höhlen von Postojna Slowenien
In der Schauvitrine entdeckt man mit Glück einen Grottenolm.

Der Grottenolm ist das einzige Wirbeltier Europas, das völlig im Dunkeln lebt, dabei etwa 30 Zentimeter lang werden kann, über 100 Jahre alt wird und sogar mehrere Jahre ganz ohne Nahrung auskommt.

Grottenolm Höhlen von Postojna Slowenien

In der 'Konzerthalle' wartet ein Souvenirshop – und der Briefkasten für die "Grüße aus der Höhle".

  • Webseite Postojna-Höhlen (Postojnska jama): Informationen zu Öffnungszeiten, Preisen, Online-Buchungen (erspart das Anstehen an der Kasse, in der Hochsaison empfohlen), sowie Infos zum Park, der Burg Predjama und dem Vivarium Proteus.
  • Die erschlossene Schauhöhle umfasst 5 Kilometer, davon werden 3,5 Kilometer mit dem Zug zurückgelegt. Das gesamte Höhlensystem ist 24 Kilometer lang. 
  • Die Temperatur in der Postojna-Höhle liegt konstant bei etwa 8 bis 10 °C – recht kühl!
  • Im Vivarium Proteus – einer separaten Ausstellung mit Terrarien und Aquarien – kann man Amphibien wie den Grottenolm und verschiedene Insekten aus der Nähe beobachten. Ob es sich lohnt, kann ich nicht sagen, man muss ein extra Ticket kaufen.
  • Das riesige Parkplatzareal nimmt problemlos alle Besucher auf.

2. Indiana Jones lässt grüßen – im Höhlen-Canyon von Škocjan

Canyon Škocjan Höhlen Slowenien
Magisch – der Weg durch den Škocjan Canyon

Europas größter unterirdischer Canyon

Am nächsten Morgen sind wir gespannt auf dieses Naturwunder: ein gewaltiger, vom Fluss Reka durchströmter unterirdischer Canyon. Auf dem Parkplatz von Škocjan: kein Gedränge, ein paar Autos, ein Wohnmobil, das übernachtet hat, und ein einzelner Bus. Eine überschaubare Gruppe macht sich durch die frische Morgenluft auf den Weg in die Höhle. Voran die Guides, die ihre Gruppen gut vorbereiten. Maximal 100 Besucher gleichzeitig, in fünf Gruppen nach Sprachen aufgeteilt. Anders als im großen, umtriebigen Postojna spürt man hier sofort die Ruhe und den Respekt vor der Natur. Das Licht in der Höhle ist nur für wenige Stunden am Tag an, danach kehrt Dunkelheit zurück.

Canyon Škocjan Höhlen Slowenien

Der erste Teil führt durch die „Stille Höhle“. Wir lauschen dem Tropfen des Wassers und die Atmosphäre ist fast andächtig. Die Wege sind schmal, die Tropfsteine zum Greifen nah – aber niemand wagt es, sie zu berühren, nachdem der Guide klargemacht hat: Durch unser Hautfett und Schweiß versiegeln wir die Tropfsteine und stoppen ihr Wachstum dauerhaft – das ohnehin nur 8 bis 15 Millimeter pro 100 Jahre beträgt.

Stille Höhle im Canyon Škocjan Höhlen Slowenien
Durch die "Stille Höhle" von Škocjan

Dann, donnerndes Rauschen: Wie ein Szenenwechsel öffnet sich der Blick in den unterirdischen Canyon. Eine Wunderkammer. Plötzlich steht man am Rand einer gewaltigen Schlucht mit steilen Felswänden und Brücken über dem tosenden Fluss Reka – und das alles tief unter der Erde. Bei Hochwasser kann der Pegel dramatisch steigen. Die Markierung von 1965 zeigt 90 Meter – das passierte in nur 48 Stunden, riss Baumstämme und Felsbrocken mit sich und zerstörte den alten Pfad, der danach weiter oben neu angelegt wurde. Im fahlen Licht erscheint gegenüber der alte Klettersteig, in den Fels gehauen von frühen Entdeckern. Eine Brücke überspannt den Abgrund in schwindelerregender Höhe. Für einen Augenblick wähnen wir uns in einem Indiana-Jones-Abenteuer. Aber keine Sorge: Entlang der steilen Wände werden wir über gut gesicherte Stege und Brücken durch den Canyon geführt. Immer wieder halten wir inne, um das Ausmaß zu erfassen: das hallende Flussrauschen, die Dimensionen der Martelhalle – eine gigantische Kathedrale, 146 Meter hoch, 120 Meter breit, 300 Meter lang, die zweitgrößte Höhlenkammer Europas.

 

Durch ein großes Höhlenportal gelangen wir wieder ans Tageslicht. Tief unten im grün überwucherten Einsturzkessel tritt die Reka nach ihrem Weg durch den unterirdischen Canyon wieder aus.

 

 Canyon Škocjan Höhlen Slowenien
Unterirdisch bahnt sich die Reka ihren Weg
 Canyon Škocjan Höhlen Slowenien

Durch ein großes Höhlenportal gelangen wir wieder ans Tageslicht. Tief unten im grünüberwucherten Einsturzkessel, tritt die Reka nach ihrem Weg durch den unterirdischen Canyon wieder aus. 

Tafel Höhlen von Škocjan
Tafel mit den Höhlen von Škocjan

 

Für uns war dies das eindrucksvollste Höhlenerlebnis – spektakulärer als jede Tropfsteinhöhle, die wir je gesehen haben. Ein Naturkunstwerk der Superlative! Das muss man gesehen haben.

 

Allgemeine Infos:

  • Die geführte Tour durch die Höhlen von Škocjan dauert etwa 1,5 bis 2 Stunden und ist etwa 2,5 Kilometer lang auf gut gesichertem Weg; festes Schuhwerk ist empfehlenswert.
  • In den Škocjan-Höhlen herrscht eine konstante Temperatur von 10 °C.
  • Europas größter unterirdischer Canyon ist seit 1986 UNESCO-Welterbe und Biosphärenreservat – und bereits seit 1819 Ziel  erkundungsfreudiger Reisender.
  • Die Martelhalle ist die zweitgrößte Höhlenkammer Europas (nach der Verna-Höhle in der Toskana) und rangiert weltweit auf Platz 11.
  • Fotografieren ist in der Höhleverboten! – Am Ausgang erlaubt – vermutlich, um die Gruppen zusammenzuhalten. Die gezeigten Bilder sind von depositphotos.de.

Ein letzter Tipp: Eine Top Pizzeria ist die "Gostilna pri Zotlarju" 10 km vom Canyon entfernt, siehe Google Maps.

Wenn der Bericht gefallen hat, freue ich mich über einen Eintrag im Gästebuch.

Eure Edel

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